Kieler Nachrichten (INKIEL) vom 20.02.2009

Wann wird‘s mal wieder richtig Winter?

Was war das für ein schöner Winter. Die Bäume in Watte eingehüllt, die Landschaft von einem sanften Weiß umfangen und die Straßen durch weichen Schnee in Kinderspielplätze verwandelt. Ein Wintermärchen… dieses Jahr in Österreich während meines Skiurlaubs.

Natürlich, einige Altvordere werden sich noch an richtigen Schnee in Kiel erinnern. Damals, als man im Werftpark Schlitten fahren konnte, als der Golfplatz von Kitzeberg von Langläufern bevölkert war und als die Seen für Schlittschuhläufer freigegeben wurden. Wie Hohn wirkte da der Kleine Kiel dieses Jahr, als wollte er sagen „Ich könnte ja, wenn ich wollte. Aber ich will nicht“. Den kompletten Januar eine geschlossene Eisdecke dem Kieler präsentieren und dann doch nicht mehr tragen wollen als ein paar verirrte Silvesterknaller. Voll fiese.

Nur mitleidiges Kopfschütteln ernte ich, wenn ich Kindern von Freunden erzähle, wie wir im Winter 1979 Iglus gebaut haben, Lehrer zum Schneeschippen verdonnert wurden und Geburtenraten sprunghaft anstiegen. „Jaja, der Opa Caulius“, sagen sie dann. Dabei bin ich doch erst 36.

Meine letzten bewussten Wintererinnerungen in Kiel gehen auf die Mitte der 90er Jahre zurück. Da konnte man noch weit hinaus auf die Förde gehen und Orte wie Schrevenborn waren in der Tagesschau, weil sie selbst 48 Stunden nach dem Schneefall noch „von der Außenwelt abgeschnitten waren“. Okay, Schrevenborn war und ist von der Bevölkerung her ein sehr kleiner Ortsteil von Heikendorf und der prall gefüllte SK-Markt (heute Sky-Markt) war auch damals noch problemlos in 10 Fußminuten zu erreichen. Aber dramatisch klang das schon.

Und danach? Nichts mehr. Selbst wenn wir Kieler den Schnee der letzten Jahre gesammelt und eingetuppert hätten, es würde wahrscheinlich nicht einmal für einen mittelgroßen Iglu mehr reichen. Selbst das „Blitzeis“, früher ein von Schülern jährlich herbeigesehntes Naturschauspiel, kommt jetzt nur noch sporadisch vorbei. Tut aber auch nicht not. Der Kieler trifft sich selbst bei leichtem Flocken-Sinken gerne mal zum spontan inszenierten Verkehrschaos am Sophienblatt. Eine Art regelmäßig wiederkehrendes 1979-Gedächtnis-Schauspiel. Im Norden der Republik weiß der Autofahrer noch, wie man auch ohne Schneekatastrophe wohlige Panik suggerieren kann.

Die Finanzkrise wird nunmehr mit einem Konjunkturpaket angegangen. Wann bekommen wir das Winterpaket für die Klimakrise? Schneekanonen im Düsternbrooker Gehölz, Schockgefrierung der Hörn und Blitzeis-Sprühanlagen rund um die Andreas-Gayk-Straße. Die Eisfläche auf dem Rathausplatz und der Schneezauber der Villa Fernsicht sind doch ein Anfang. Jetzt aber nicht schlappmachen auf einem Weg zum Winterparadies Kiel.

Findet

Euer und Ihr Caulius