Kieler Nachrichten 11. Juni 2009
Caulius und die Kieler Woche
Früher war bekanntlich alles besser. Dies gilt für den alteingesessenen Kieler erst recht für die Kieler Woche. Aus meinem Besuch aus dem Ruhrpot sprudelt es nur so vor Begeisterung am Abend nach Gang über Kiellinie, Internationaler Markt und Hörn mit Abstecher nach Schilksee. Doch ich wiegele mit ernster Miene ab. Da hätte er mal vor 10 oder besser 15 Jahren hier gewesen sein müssen. Da kamen die Backfisch-Rufe noch nicht vom Band. Es gab noch das RSH-Zelt und überhaupt war die Kiellinie noch eine richtige Spiellinie für Kinder und nicht so eine Fressmeile wie jetzt. Überall nur Kommerz. Und die Preise waren auch viel günstiger.
Mein Freund sah mich mit traurigen Augen an, seinen Fehler in der Einschätzung dieses größten Volksfestes Nordeuropas sofort eingestehend. Er nahm mich in den Arm, als wollte er mich trösten in Anbetracht dieses großen Verlustes, den wir Kieler mit den Jahren erfahren mussten. Hemmungslos ließen wir unseren Gefühlen freien Lauf, erste Tränen flossen.
Eigentlich nur zur Beruhigung der Lage erklärte ich schluchzend, dass natürlich auch nicht alles schlechter geworden sei. Die Kinder hätten jetzt schließlich die ganze Krusenkoppel für sich allein und müssten sich nicht mehr über zerbrochene Bierflaschen ärgern. Dass jetzt die Hörn in das Festprogramm einbezogen sei, hätte mit den vielen Traditionsseglern und den kurzen Wegen über Hörnbrücke und Hörncampus auch seinen Reiz. Sogar der Bootshafen habe sich dank Umbau und Sponsoring mit Bühne und Opti-Segeln zu einer netten Örtlichkeit zum Verweilen gewandelt. Und dann erst die Heißluftballons auf dem Nordmarksportfeld mit ihrem nahezu allabendlichen Night-Glow. Romatik pur und ein echtes Highlight für lau.
Unsere Tränen trockneten schnell, je heißblütiger ich von der aktuellen Kieler Woche vorschwärmte. Ich ließ mich sogar zu der Behauptung hinreißen, dass die Preise vielleicht doch nicht so stark gestiegen seien und Schwenkgrills sowie Crêpe-Stände schon immer am Wegesrand gestanden hätten. Das gehöre schließlich dazu. Man hat ja auch mal Hunger. Sogar das Musikzelt sei jetzt wieder da. Überhaupt sei die Kieler Woche doch eine Segelveranstaltung und daran habe sich so rein gar nichts geändert. Man müsse nur mal auf das Wasser schauen.
Ich wurde regelrecht wütend. Was meinem Freund „aus dem Pott“ überhaupt einfiele. Solle er mir doch auch nur eine einzige Veranstaltung bei denen nennen, wo mitten in der Stadt kostenlos international bekannte Bands auf mehreren Bühnen besucht werden können. Von wegen Rock am Ring, im Park oder vor der Würstchenbude. Das hier ist Rock, Jazz, Klassik und Schlager am Meer. Und dass hier zur Kieler Woche auch mal Regen fällt, das ist kein schlechtes Wetter, das ist Tradition. Genau!
Solche Gäste hat Caulius gern. Sich bei einem in der tollsten Woche des Jahres einquartieren, Tage voller kulinarischer, sportlicher, musikalischer, klimatischer und romatischer Höhepunkte genießen und dann auch noch meckern. Soll er doch nächstes Jahr zum Oktoberfest fahren. Da gibt es auch Schwenkgrills. Nur soll er dann bitte nicht im nächsten Jahr angekrochen kommen, wenn das einzige Schiff dort die Schiffsschaukel auf der Theresienwiese gewesen ist. Was erwarten die Leute denn?
Findet
Euer und Ihr
Caulius