Kieler Nachrichten (INKIEL) 05.04.2012

Caulius und die Fördeschifffahrt

Es gibt Sachen in Kiel, die sind gefühlt so einmalig, dass man sie der ganzen Welt erzählen möchte. So war es mir früher zur guten Gewohnheit in fremden Städten geworden, beim Einsteigen in Bus, U-Bahn oder S-Bahn laut zu verkünden: „In Kiel haben wir übrigens Busse, die fahren sogar auf dem Wasser“.

Das hat zwar vor allem dazu geführt, dass ich jeweils zügig einen separaten Einzelplatz bekam, aber ich war eben stolz darauf in einer Stadt zu leben, bei der die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs wie Urlaub ist. Gemeint waren von mir natürlich die Fördeschiffe, die äußerlich allerdings gar nichts mit einem Bus zu tun haben. Aber wie soll man das einem Bayern erklären, der das Meer nur aus dem Titanic-Film kennt? Auch habe ich erst viel später gelernt, dass es tatsächlich Busse gibt die auch schwimmen können. Zur Kieler Woche 2011 sollten diese auch in Kiel verkehren, nur fehlte die letzte Genehmigung. Vielleicht ist das auch gut so. Nicht dass es da zu Verwechslungen kommt und im Übermut der Kieler-Woche-Ereignisse hochmotivierte Busfahrer auch die roten Standardbusse auf den Fördegrund setzen …

Ich kenne ja noch die Zeiten, als die Fördeschiffe auch solche exotischen Orte wie „Kitzeberg“ oder auch „Altheikendorf“ anliefen. Insbesondere letzterer Anleger war etwas sensibel, was Wasserstände anging. Und so war es immer ein Stück Heimat, wenn man noch am äußersten Zipfel des Empfangsgebiets des NDR (z. B. in Clausthal-Zellerfeld) im Verkehrsfunk vernehmen durfte, dass „der Anleger Altheikendorf wegen Hochwassers nicht angelaufen“ werden könne. Ach ja, die gute alte Zeit …

Bad Segeberg hat zwar die Karl-May-Festspiele, aber wir in Kiel haben Bootsmänner, die sind beim An- und Ablegen echte Winnetous der Ostsee. Wenn sie so mit dem Tampen schleudern, dann hat das schon etwas vom Einfangen wilder Pferde oder Abwehren böser Cowboys, die dem Dampfer die Jagdgründe streitig machen wollen. Für uns Kinder war es übrigens früher das Highlight überhaupt, wenn der Dampfer mal den Anleger verpasste oder der Bootsmann vorbei warf – das war ein Spaß … wenn auch wahrscheinlich ein sehr einseitiger. Dann gab es noch eine Ehrenrunde und gerade bei stürmischem Wetter ging nun das Wetten auf den nächsten Versuch los – und das noch ohne Glücksspielstaatsvertrag. Wilde Zeiten waren das.

Für uns Kieler ist eben die Fahrt mit einem Fördeschiff die schönste Kurzkreuzfahrt der Welt. Versuchen Sie mal auf den Aidas, MSCs, Costas oder Mein-Schiffs dieser Welt für knapp vier Euro einen Platz zu bekommen. Damit kommen Sie bei denen wahrscheinlich nicht einmal auf die Gangway. Dabei sind das auch nur Schiffe, die auf Wasser fahren. Der Komfort ist sogar vergleichbar: Auch die Fördeschiffe bieten Essen und Trinken, alles nur Außenkabinen und Touristen beobachten ist oftmals besser als jedes Showprogramm. Bei den zahlreichen Landgängen haben Sie die Möglichkeit fremde Kulturen kennenzulernen, wie etwa das praktisch von der Zivilisation bisher unberührte Strande oder auch das malerische Holtenau. Kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass die Poollandschafft auf der Schilksee oder Laboe nicht Ihren Ansprüchen entspricht. Waren Sie mal im Mittelteil des Schiffs und haben die große Luke in der Mitte des Fußbodens gesehen? Machen Sie mal auf … So schnell können Sie gar nicht die Luftmatratze aufpusten, wie Sie da in einer der größten Wasserlandschaften der Welt stehen. Alternativ fährt der Kapitän aber auch an vielen Stellen der Förde mal rechts ran und entlässt Sie in ein Tropical Islands ganz ohne Zeppelinhalle und aufgemaltem Himmel. Hier ist der Regen noch echt und kommt nicht aus der Sprinkleranlage.

In Kiel, da haben wir nämliche Busse, die fahren sogar auf dem Wasser! Gibt es etwas Schöneres?

Nö!

Findet Euer und Ihr

Caulius