Kieler Nachrichten (INKIEL) 14.09.2012
Caulius und die Plakate
Sicherlich ein jährlicher Höhepunkt im Leben eines jeden Kielers ist die Bekanntgabe des neuen Kieler-Woche-Plakats. Diskussionen rund um neue Oberbürgermeister, Schwimmhallen und Stadtbahnen treten für einige Tage in den Hintergrund. Ganz Kiel hält im Spätsommer den Atem an, wenn die Jury ihren Favoriten bekannt gibt. Geschickt wurde damit eine Zeit gewählt, die traditionell für den Fingerzeig in die Zukunft steht – kann man dann doch gerade den frischesten Spekulatius und den knackigsten Lebkuchen kaufen. Dabei ist es den honorigen Damen und Herren vom Designwettbewerb bisher stets gelungen, den wirklich besten Entwurf herauszusuchen – da sind sich alle Kieler einig.
Das große Glück für die Plakatdesigner ist, dass die Kieler Woche auch etwas mit Segeln zu tun hat und das „Segel“ ein prägender Bestandteil beim Segeln ist. Auf dem idealen Kieler-Woche-Plakat darf dieses daher in der Regel nicht fehlen. Was jedoch fehlen darf, das ist das zugehörige Schiff. Das sieht man nur sehr selten mit auf dem Plakat. So mag sich der eine oder andere auswärtige Besucher der Kieler Woche schon gewundert haben, dass wir hier oben an der Ostsee nicht nur und ausschließlich mit einem dreieckigen Stück Tuch auf das Wasser gehen, sondern unter das Tuch noch etwas Kunststoff oder Holz setzen.
Ist es selbst für vereinzelte Kieler eine Überraschung zu erfahren, dass zur Kieler Woche auch ganz offiziell gesegelt wird, so ignorieren die Plakate bisher fast vollständig den Umstand, dass auch an Land der eine oder andere kleinere Programmpunkt stattfindet. Okay, 2009 war immerhin ein Saxophonspieler grafisch dabei. Aber wo spielt er? Natürlich auf einem Segelboot (eines der wenigen Segelboote mit Rumpf).
Das Plakat für 2013 gleicht da nahezu einer Revolution. In die Kugelschreiberzeichnung hat sich doch tatsächlich oben rechts so etwas wie ein Riesenrad ins Bild geschlichen. Nun gut, dafür fehlt Kiel auf der abgebildeten Landkarte und der flüchtige Beobachter könnte denken, dass es eher die Bülker Woche ist. Aber irgendetwas ist ja immer.
Wellen sind übrigens auch fast immer. Am stärksten dürfte uns da noch das Plakat von 2010 im Gedächtnis geblieben sein: Das mit der unendlichen Internet-Adresse mit 81 „W“s. Ich hab das mal in meinen Browser eingegeben – es kam eine Seite mit Witzen aus Hessen. Wer will das sehen?
Trotzdem stellt sich natürlich die Frage, ob man nicht auch mal etwas ganz anderes wagen sollte. Vielleicht mal an den Großen der Plakatbranche orientieren. Zum Beispiel einen älteren Herren, der mit dem Finger auf einen zeigt und sagt „I want you for Kiellinie“ oder auch „Yes, we can segeln“. Zu meiner Jugend waren es allerdings eher die H&M-Plakate, die Aufsehen erregten und in die Studentenwohnheime wanderten. Anna-Nicole Smith dürfte eine ganze Generation geprägt haben, ganz ohne Wellen und Segel – allerdings generell mit wenig Stoff. Derartige Motive dürften aufgrund der traditionell etwas kälteren Wetterlage zur Kieler Woche jedoch eher unpassend sein. Dann schon eher einen Schriftzug wie „Keep Calm and Kieler-Woche on“.
Das Orientieren an Wahlplakaten bitte ich jedoch zu unterlassen. Natürlich passen auch Slogans wie „Ausstieg wagen – an der Reventloubrücke“, „Niedrige Schwenkgrillpreise für alle“, „Grenzen überwinden, Nähe spüren - nach 24 Uhr in der Eggerstedtstraße“, oder auch „Arbeit für jeden – mehr Bretter für die Spiellinie“. Aber das ist doch viel zu abgegriffen. Dazu vielleicht noch ein breit grinsender und gephotoshopter Asmus Bremer? Nee, lass mal.
Dann doch lieber Segel, Wellen, einige bunte Symbole und vielleicht alle paar Jahre mal ein Saxophon oder ein Riesenrad. Das gehört eben dazu, zum größten Volksfest Nordeuropas. Man muss ja auch nicht gleich alles verraten.
Come in and find out what the Kieler Woche is! Während in Villa Lübeck noch die Travemünder Woche geplant wird, wird in Villa Kiel eben schon gefeiert. Aus Tradition gut.
Findet Euer und Ihr
Caulius