Kieler Nachrichten (INKIEL) 05. März 2010
Caulius und die Winterträume
Mit etwas Glück haben wir beim Erscheinen dieser Zeilen den Jahrtausendwinter überstanden und werden beruhigt feststellen, dass die Erde noch im Groben so da ist, wie wir sie vom Dezember in Erinnerung haben. Jede andere Stadt dürfte aufgrund der zurückbleibenden Wassermassen in Panik verfallen und Pfahlbauten als Sofortmaßnahme in Erwägung ziehen. Kieler bleiben da gelassen. Hier ist Wasser mitten in der Innenstadt ein Aushängeschild des Stadtmarketings. Für die einen ist es Wanne-Eickel under the waterline, für uns Kiel Sailing City.
Doch Kiel blieb auch an den harten Wintertagen nicht untätig oder ist gar in Winterschlaf verfallen. Mir wurden geheime Unterlagen aus dem Rathaus zugespielt, die aufgrund der Erfahrungen der letzten Monate konkret darauf hindeuten, dass sich Kiel 2018 als Konkurrent zu München für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele aufstellen lassen möchte. Dass wir Ende Februar bessere Schneebedingungen hatten als Vancouver und Whistler Mountain zusammen, war da nur der letzte Anstoß für diesen klugen Schachzug der verantwortlichen Stadtlenker. Weg vom Image der Segelstadt, hin zum Wintersport-Eldorado.
Es wäre zum Beispiel das erste Mal, dass der Langlauf mitten in einer Landeshauptstadt ausgetragen werden würde. Bewohner in Kieler Nebenstraßen haben ja vor einigen Wochen schon erste Tests mit dem Spuren der Loipen erleben dürfen. Allerdings war man da noch etwas sehr großzügig mit Tiefe und Breite der Spur gewesen, so dass auch Opfer in Form von tiefergelegten VW-Golfs zu beklagen waren. Aber wir können ja noch acht Jahre lang üben.
Aber ich höre auch schon die Kritiker. So sei die Rodelbahn zwischen Düsternbrooker Gehölz und Krusenkoppel zu kurz. Aber ich bitte Sie. Bei einem Sport, bei dem es nur um Hundertstelsekunden geht, da machen doch ein paar tausend Meter mehr oder weniger wirklich nichts aus. Okay, die Bergstraße zur Abfahrtsstrecke auszubauen, ist vielleicht ambitioniert. Aber wer hier täglich mit dem Rad durch muss, weiß, dass dort durchaus Tücken lauern und schon der eine und andere Sportskamerad den Kleinen Kiel als unfreiwillige Auslaufstrecke nutzen musste. Überhaupt Kleiner Kiel: Das wäre doch mal etwas ganz Neues, wenn die Eisschnellläufer auch noch unter einer Brücke hindurch müssen. Das ist wie Monte Carlo bei der Formel 1, wo auch der Tunnel das Highlight ist, und wäre vor allem für die großgewachsenen Mitteleuropäer eine Herausforderung. Je nach Witterung könnte man sogar die Langstrecke auch auf dem Kanal zwischen Sehestedt und Holtenau veranstalten, sofern die Adler 1 genügend Platz lässt. Oder auch zwischen Mönkeberg und Bellevue, dort allerdings nur zwischen 14:00 und 19:00 Uhr, damit niemand aus Unachtsamkeit gegen eine der kreuzenden Fähren knallt. Eiskunstlauf findet dann im Bootshafen statt, wo ja sogar die Zuschauerränge schon stehen – zwangsweise zu der Liveperformance von Büro am Strand, Tiffany oder Tears for Bears.
Mutig finde ich da schon eher die Planung, das Laboer Ehrenmal zur Skisprungschanze auszubauen. Einmal abgesehen davon, dass der Auslaufbereich mitten im Ortskern von Laboe liegen würde, so ist der Aufzug im Ehrenmal gar nicht für die langen Skier geeignet. Da sind doch noch Investitionen notwendig.
Das Bewerbungspapier strotzt nur so vor pfiffigen Ideen. Und seien es die Curling-Wettbewerbe auf dem Exer (allerdings weder am Mittwoch noch Samstag, wenn Markt ist) oder auch die Pläne, den THW in den kommen acht Jahren behutsam zu einer international konkurrenzfähigen Eishockeymannschaft umzuschulen.
Ich denke, dass uns München das nicht übelnimmt, jetzt, wo wir im Gegenzug das Projekt „Deutscher Fußballmeister 2011“ um ein Jahr verschoben haben. Nun noch die nächsten langen und quälenden kommenden neun warmen Monate überstehen, dann können wir wieder für Olympia trainieren in Kiel.
Darauf freut sich schon
Euer und Ihr
Caulius