Kieler Nachrichten (INKIEL) 08.03.2013

Caulius flirtet in Kiel

Schon in der Kolumne vom April 2010 habe ich nachgewiesen, dass Kiel nicht nur jetzt im Frühling die Stadt der Liebe ist. Hier muss niemand alleine bleiben. Flirten, Dein Name ist Kiel.

Allerdings erschließt sich diese besondere Atmosphäre nicht jedem sofort. Manchmal muss man die Gelegenheiten suchen. So ist die Übersichtlichkeit der Stadt eine große Stärke bei der Partnersuche, gerade wenn man im sportlichen Treiben sein Glück sucht. Wo der Berliner oder Hamburger verzweifelt einsam durch die Straßen und Stadtteile joggt, da dreht der Kieler in massiver Gesellschaft seine Runden um den Schrevenpark. Da geht immer was. Alle Altersstufen und Geschlechter sind dabei. Selbst wenn starkes Leistungsgefälle zwischen zwei Balzbereiten besteht, so reicht ein einfaches Schuhezubinden und der bzw. die Angebetete ist in der nächsten Runde wieder auf Augenhöhe. Und wenn man gar keine Zeit hat, dann wählt man eben mal die entgegengesetzte (Dreh-) Richtung. Keine sechzig Sekunden und der potentielle Partner ist auf Tuchfühlung. Versuchen Sie das mal im Englischen Garten in München.

Auch das Kieler Wetter tut das Seinige dazu. Niemand fällt blöde auf, will er sich zu dem Zielobjekt unter den Heizpilz kuscheln. Ausnahmsweise allerdings mal kein Vorteil ist das Standleben. Mir ist niemand bekannt, der in Falckenstein oder Schilksee seinen Partner fürs Leben gefunden hätte. Eher Anzeigen wegen Belästigung waren der Fall. Allzu schnell kippt das Blicke-Suchen in ein „Was glotzt Du denn, Du Spanner“. Eine unangenehme Situation für alle Beteiligten.

Besser ist da schon das Treiben auf dem Wasser. Gemeinsame Segelkurse schweißen im Angesicht der Angst vor der nächsten Böe zusammen. Doch auch abseits des Stockholmsyndroms lassen Flauten Raum für verbale Präsentationen über die eigenen Vorzüge. Gut, wer vorbereitet ist und sich nicht zu dumm anstellt. Empfehlenswert ist zu wissen, dass Luv nicht nur ein Restaurant an der Kiellinie ist. Es kann einem viel Schweiß ersparen, wenn dem ängstlichen Ruf der Angebeteten über eine „Stena auf Luv-Seite“ nicht der Blick nur zur Reventloubrücke folgt. Allerdings bitte auch nicht das Schisshase-Spiel mit einem Fördedampfer beginnen. Die mögen das gar nicht. Und der Satz „Der muss ausweichen“ verliert extrem an Coolness, wenn die eigene Jolle auf dem Bug der „Laboe“ hängt.

Wer die Partnersuche lieber aus der sicheren Umgebung des eigenen PKW beginnen möchte, der hat hierzu mannigfaltige Möglichkeiten. Die Strecke Holtenauer Straße, Knooper Weg, Schützenwall weist so viele Flirt unterstützende Ampelphasen auf, dass niemand als Single auf die Autobahn fahren muss. Das wird eigentlich nur noch von Sophienblatt/Andreas-Gayk-Straße übertroffen. Stoppzeiten von gefühlt knapp unter einer Stunde und Mehrspurigkeit lassen Raum für intensiven Augenkontakt und erste Pläne für die gemeinsame Zukunft, bis man sich dann im Lichte der langsam untergehenden Sonne auf Höhe des Bootshafens trennt.

Caulius ist ja bekannterweise seit vielen Jahren glücklich verheiratet. Doch das hält mich natürlich nicht davon ab, täglich mit meiner Frau zu flirten. Den Segelschnupperkurs haben wir schon hinter uns. Jogging ist nicht so mein Ding. Und die Zeit der Heizpilze endet gerade. Aber wenn wir Jahrestag haben, dann schnappt sich jeder von uns einen Wagen und ab geht es auf die rasante Fahrt zwischen Provinzial und Neues Rathaus. Das sind intensive Gefühle, die nur echte Kieler nachempfinden können.

Liebe für alle

Wünscht Euer und Ihr

Caulius