Kieler Nachrichten 04.09.2009

Caulius auf Schatzsuche

Böse Zungen behaupten, es gebe nichts mehr zu entdecken in unserer modernen Welt. Die Erde ist kartographiert und steckt in Google-Earth; Atlantis, Bernsteinzimmer, Bielefeld und Niederlagen des THW gibt es gar nicht und seitdem Preissuchmaschinen im Internet existieren, ist auch die Schnäppchenjagd uninteressant geworden. Wir leben in einer schweren Zeit für Abenteurer, erst recht in Kiel. Nachdem ich nunmehr sogar den Eingang zum Beachclub auf dem Leik entdeckt habe, war ich der festen Überzeugung, dass es das war. Alle Rätsel der Menschheit sind gelöst.

Doch dann las ich im Internet vom Geocaching: die neue Herausforderung für alle, die schon alles gefunden haben. Wen selbst der am Falckensteiner Strand im Sand versunkene eigene Ehering nicht mehr schockt, findet hier neue Aufgaben.

Voraussetzung ist nur ein GPS-Empfänger, wie ihn heute schon zahlreiche moderne Handy serienmäßig eingebaut haben. Was früher Reinhold Messner durch den Himalaya und mich durch Meimersdorf geleitet hat, macht einen heute zum modernen Schatzsucher. Die dazugehörigen Schatzkarten gibt es kostenlos im Netz der Netze. Laut Geocaching.com warten nahezu 2.000 Filmdosen, Plastikflaschen, Füllhalter-Metall-Mäppchen und Schuhkartons darauf im Raum Kiel entdeckt zu werden. Verheißen sie doch als Belohnung einen kleinen Zettel, auf dem man seinen Namen und das Datum eintragen kann.

Ehernes Gesetz aller Geocacher ist es, dass man seinem Hobby unauffällig nachgeht. Man fühlt sich schließlich als etwas Besonderes; die „Anderen“ werden im Geocaching-Slang abfällig als „Muggles“ bezeichnet, so wie die unwissenden Menschen bei Harry Potter. Dank Kenntnis einer Internetseite und Besitz des GPS-Empfängers bin ich nun plötzlich der Zauberer. Eine schöne Vorstellung.

Und so fahren täglich zum Beispiel zahlreiche Kieler auffällig unauffällig die Rolltreppe zum Holstentörn auf und ab, soll hier doch einer der sagenumwogenen Schätze („Caches“) versteckt sein. Doch wenn ein Geocacher etwas nicht mag, dann ist es ein Cache, den er nicht findet. Hartnäckigkeit gehört zu diesem Hobby und so sieht man sie stundenlang diesen Bereich umschleichen, als hätte Captain Jack Sparrow hier persönlich als oberster Geocacher einen Goldschatz versteckt. Die ersten sollen sogar schon verzweifelt die nahegelegene Sandkiste durchwühlt haben und erst am nächsten Morgen durch einen Kindergartenausflug in völliger Erschöpfung vertrieben worden sein.

Will man seinen Nachbarn mal richtig ärgern, gibt man somit einfach auf genannter Seite bekannt, dass in seinem Garten ein Cache versteckt ist. Es dürfte keine 24 Stunden dauern und er kann sich das Vertikutieren des einst englischen Rasens erst einmal sparen. Andererseits kann man sich diese moderne Art der Erntehelfer natürlich auch selbst zu Nutze machen…

Doch auch Caulius hat sich beim Geocachen schon unbeliebt gemacht. Schlug er letztens selbiges noch auf einem Hochzeitsfest zur Belustigung der Kinder vor, sah sich die unternehmenslustige Gesellschaft schnell mit den Tücken unberührter Natur nahe Russee konfrontiert. Die Braut kam mit wunden Füßen schuhlos und von Brennnesseln gezeichnet nach Hause. Was zog sie auch einen Rock an. Doch wir hatten den Cache gefunden. Das war es wert gewesen. Strike.

Nur die Polizei ist auf die Geocacher nicht gut zu sprechen. Schon des Öfteren musste sie in Kiel zur vermeintlichen Bombenentschärfung ausrücken. Sieht man doch einem nervös umherschauenden jungen Menschen mit einem mit schwarzem Panzertape umwickeltem Kästchen in Händen nicht an, ob er Al-Qaida oder auf Internetmission ist. Dass es bis zur Sprengung eines Caches gekommen sei, ist allerdings nicht überliefert. Dennoch könnte natürlich eine mit klammen Kassen konfrontierte Stadt auf die Idee kommen, einen all zu unvorsichtigen Geocacher für den notwendigen Neubau der Levensauer Hochbrücke heranzuziehen, da er leider genau diese als Versteck gewählt hatte und er nun nach der explosiven Entfernung des Caches für den Wiederaufbau der Brücke aufkommen soll. Nicht dass ich so etwas unterstellen möchte. Dennoch rät zur Vorsicht

Euer und Ihr

Caulius.