Kieler Nachrichten (INKIEL) 07.06.2013

Caulius und die Kieler Woche der Zukunft

Schön wird sie wieder werden - ein Träumchen ohne Absperrungen: Die Kieler Woche 2013. Der Kommerz ist besiegt und der weitere Weg „Back to the roots“ ist vorgezeichnet. Die schönste Woche der Welt entwickelt sich zurück zu dem, von dem die älteren Kieler so schwärmen – die ganz ursprüngliche Kieler Woche der 70er und 80er Jahre. Die Kieler Woche, wie sie sein soll.

Da passte es gut, dass sich gerade heute ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum vor Caulius auftat und sich eine Ausgabe der Kieler Nachrichten vom Juni 2023 vor mir materialisierte. Hier der überraschende Ausschnitt:

„Diese Kieler Woche wird wahrscheinlich als die schlimmsten sieben Tage des Jahres in die lokalen Geschichtsbücher eingehen. Mochten die Ambitionen der Organisatoren ehrenhaft gewesen sein, so hatten Fachleute schon vor der Entwicklung der letzten zehn Jahre gewarnt. Dass hier einiges schief lief, hätte man bereits am Eröffnungstag erkennen müssen, als ein erstes Sonderkommando der GSG9 zahlreiche Besucher des Volksfests an der Förde befreien musste.

Mehr Kleinkünstler in der Innenstadt war eine oft gehörte Forderung der Fans der Kieler Woche. Doch hatte die Dichte an Jongleuren, Diabolo-Spielern und lebenden Statuen zwischen Holstenplatz und Kiellinie so zugenommen, dass an ein Vorankommen auf dieser Strecke ab den frühen Morgenstunden des Samstags nicht mehr zu denken war. Gegen Mittag wurden die Besucher massenhaft als sogenannte „Assistenten“ verpflichtet und ohne Fluchtmöglichkeit von Kleinkünstler zu Kleinkünstler weiter gereicht. Die gesamte Woche war geprägt von Befreiungsaktionen der Spezialeinheiten und ermöglichte die glückliche Zusammenführung von Familien, die sich teilweise über mehrere Tage in der Gewalt unterschiedlicher Straßenkünstler befunden hatten.

Auch die Sanitäter hatten in dieser Woche so viel zu tun wie in den letzten zehn Jahren zusammen. Dies war vor allem darauf zurückzuführen, dass rigoros Schwenkgrills, Bierbuden und Crêpes-Stände aus der Stadt verbannt wurden. Die nächste Möglichkeit zum Erwerb von Schaschlik und Nackensteaks befand sich hinter einem Neubaugebiet in Meimersdorf, wo sich zeitweise Schlangen bis zur B76 bildeten. Im Gegenzug kippten in der Innenstadt minütlich Menschen jeden Alters wegen Unterernährung, Unterzuckerung oder Dehydrierung um. Aufrufe der Organisatoren, sich doch Nahrungsmittel in ausreichender Menge im Rucksack mitzunehmen, verschärften die Lage sogar noch, so dass weitere geschwächte Körper unter der Last der Bierdosenpaletten erschöpft in sich zusammen sackten.

Auch der Versuch, das Segeln näher an die Innenstadt zu bringen, kann nur mit viel gutem Willen noch als „Netter Versuch“ bezeichnet werden. Höhepunkt der Peinlichkeit war das Starboot-Rennen im Bootshafen vor dem Berliner Platz. Der extrem enge Parcours ermöglichte es den zwanzig teilnehmenden Schiffen kaum, echte Segelmanöver durchzuführen. Die Zuschauer hatten dennoch ihren Spaß. Bestimmte die Jury doch am Ende das Team zum Sieger, dessen Star als letztes unterging. Augenzeugen sprachen von einem Massaker aus Holz, Carbon und Metall, das die Versicherungen noch Monate lang beschäftigen wird.

Lichtblick waren einzig die Konzerte von Michy Reincke und Nena auf dem Rathausplatz. Leider nahmen nur wenige Besucher der Kieler Woche Notiz hiervon. Entweder befanden sich diese in der Gewalt von Kleinkünstlern oder waren so früh noch nicht unterwegs. Angesetzt waren die Konzerte nämlich am Vormittag – die betreuenden Zivildienstleistenden wollten nachmittags selber los ziehen.

Kiel – Eine Stadt atmet nach dem um 48 Stunden vorgezogenen Ablussfeuerwerk am Freitag auf. Nun stehen die Aufräumarbeiten an. Die Polizei bittet darum, weiterhin vermisste Familienmitglieder zu melden – insbesondere wenn sie sich im Lauf der Woche im Innenstadtbereich aufgehalten haben sollten.“

Der Rest der Zeitung beschäftigt sich mit dem dritten Champions League Erfolg von Holstein Kiel in Folge.

Naja, man kann es also auch übertreiben … aber irgendwas ist ja immer. Genießen wir eben die Kieler Woche so wie sie ist. Eine bessere gibt es nicht!

Findet Eurer und Ihr

Caulius