Kieler Nachrichten (INKIEL) 17.06.2011

Caulius und die wahre Geschichte der Kieler Woche

Laut dem Kiel Lexikon soll ja angeblich eine Segelwettfahrt am 23. Juli 1882 der Auslöser für die Kieler Woche gewesen sein. Doch ich weiß es besser. Bei meinen eigenen Recherchen bin ich auf erstaunliche Fakten gestoßen, die eindeutig zeigen, dass die Kieler Woche schon deutlich älter ist.

Danach soll es Asmus Bremer, der alten Zinnfigur, zu Beginn des 18. Jahrhunderts einfach zu dumm geworden sein, dass ständig im kalten Frühjahr seine Büx am Turm der Nikolaikirche hochgezogen wurde. Und so saß er eines lauen Mai-Abends zusammen mit Andi Gayk (einem Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater des Kieler Bürgermeisters in den 1950er Jahren) bei einem Bier am Kleinen Kiel und senierte über das Leben und überhaupt.

„Ich habe bald Geburtstag“, stellte Asmus fest.
Andi sah ihn erstaunt an. „Wann denn?“
Asmus tat beleidigt. „Na, wie in den letzten Jahren immer in der letzten vollständigen Woche im Juni!“
„Aha“, murmelte Andi demonstrativ beiläufig. „Und, feierst Du?“
„Nö. Da ist doch Urlaubszeit und es kann eh niemand.“
„Schade drum“, stellte Andi fest und Asmus seufzte tief.
Doch Andi war schon dabei zu planen und innerhalb weniger Wochen hatte er eine Überraschungsparty für seinen Freund Asmus organisiert, wie sie Kiel noch nicht gesehen hatte.

Die ganze Stadt war geschmückt. Die Transportkutschen der Kieler Vieh-Gesellschaft hatten Kieler Wimpel am Halfter und waren dauerhaft überfüllt. An jeder Ecke gab es „Fleisch gegrillt auf Metallgittern, die hin und her geschwenkt werden“ und dünne Teigfladen mit Zimt und Zucker bestreut (für ganz Verwegene auch mit ausgepressten Samen des Kakaobaumes). Mehrere Bühnen waren über das gesamte Stadtgebiet verteilt. An der heutigen Hörn hatten zum Beispiel die Dänen ihre „Unser Süden“ Bühne aufgestellt. Ein aufstrebender Künstler aus Eisenach mit Namen Johann Sebastian Bach verzauberte mit seiner Orgel bei der Nieder-Deutschen-Rock-Bühne direkt an der Förde. Und für die Kinder gab es im Wald, wo sich heute die Krusenkoppel befindet, ein großes Märchenfest mit Friedrich Grimm dem Älteren in der vielumjubelten Rolle der Großmutter. Angeblich soll er später seinen Kindern so sehr davon vorgeschwärmt haben, dass diese seine Geschichten wie „Hänsel und Gretel im düsteren Düsternbrooker Gehölz“ und „Die Kieler Stadtmusikanten“ in leicht abgewandelter Form niederschrieben. Insbesondere „Frau Holle“ soll deutlich vom Kieler Wetter inspiriert worden sein.

Zu einer Überraschungsparty gehörte natürlich auch das passende Catering. Auf dem Platz vor dem alten Rathaus hatte der gute Andi Stände mit allerlei Leckereien aus den entferntesten Gegenden aufgebaut. Aus sagenumwogenden Ländereien wie Eckernförde, Lütjenburg oder auch Plön hatte man die erlesensten fremdartigen Zubereitungsformen in Kiel versammelt. Als Qualitätsauszeichnung verteilte Asmus nach ausgiebigem Testessen verschieden viele Kochmützen an die Stände, wobei kaum überraschte, dass die Kieler Sprotte das Rennen an diesem Tag machte.

Glücklich über so viel Freundlichkeit umarmte Asmus vor den Augen aller Kieler am Abend zum Dank seinen besten Freund Andi, wobei ihm eine kleine Träne die weiß geschminkte Wange hinunterlief. „Das müssen wir unbedingt nächstes Jahr nochmal machen“, verkündete er. Doch in den aufbrausenden Jubel fuhr ein kleiner hagerer Mann und gebot den Bürgern mit wenigen Handbewegungen Ruhe.
„Das ist unserer Kämmerer und Schatzmeister, der alte Spielverderber“, flüsterte Asmus dem Andi ins Ohr. „Aber ich habe eine Idee!“
Und noch bevor der Kämmerer auch nur ein Wort sagen konnte, stellte sich Asmus vor ihn und wies bedeutungsschwanger zum Himmel. „Seht, es regnet leicht und es windet auch. Es gibt viele reiche Menschen in der Welt, die zu faul zum Rudern sind und sich bunte Lappen vor das Schiff binden. Die werde ich nächstes Jahr zu meiner Geburtstagsparty einladen. Sollen die dann alles hier bezahlen! Und wer weiß, wenn ganz viele kommen, dann können wir vielleicht sogar mal eine ganze Woche feiern!“ Das Volk jubelte so laut, dass der Kämmerer nichts mehr erwidern konnte.
Andi nickte Asmus anerkennend zu „Du Fuchs. Aber meinst Du, dass das dann gar keinem auffällt?“
Asmus lächelte ihn an. „Guter Freund. Es weiß doch eh niemand, wann ich geboren bin. Und Asmus Bremers Geburtstag heißt ab jetzt eben Kieler Woche. Klingt doch auch gut, oder?“ Da mussten beide so laut loslachen, dass es wie ein Feuerwerk über die Förde schallte. Und noch heute kann man sie, wenn man ganz genau hinhört, an jedem letzten Kieler-Woche-Sonntag auf Höhe der Kiellinie lachen hören.

So war’s tatsächlich!

Schwört Euer und Ihr

Caulius