Kieler Nachrichten (INKIEL) 05.11.2010

Caulius und das Kieler Wetter

Auch Kiel hat Wetter und das nicht zu knapp. Durchschnittlich sollen wir laut kinkaa.de 259 Tage mit Niederschlag haben, davon 45 mit Schnee und 25 Tage mit Gewitter. Nur bei den Sandstürmen liegen wir mit 0 deutlich hinter anderen Städten wie Dubai – da atmet der Falckensteiner auf. Allerdings hat Dubai auch nur 28 Tage mit Niederschlägen, 5 Tage mit Gewitter und wirklich selten Schnee. Wie langweilig.

Doch fern ab von aller Statistik ist es vor allem das gefühlte Wetter, das das Leben in Kiel bestimmt. Extra dafür haben wir auch ganz besondere Kiel-Wetter-Regeln, die eigentlich immer stimmen, selbst wenn alles ganz anders kommt. So etwa ist jedem in der Landeshauptstadt klar, dass es zur Kieler Woche das Kieler-Woche-Wetter mit besonders viel Regen gibt und zwar wochentags ab 19:00 Uhr und am Wochenende auch tagsüber, je nachdem, ob gerade Windjammerparade oder Familienbesuch auf der Spiellinie geplant ist. Tatsächlich muss es unsere Altvorderen vor vielen Jahren mal wettermäßig sehr hart in der Zeit Ende Juni getroffen haben, dass dieses Gerücht von Generation zu Generation weitergetragen wird. Die letzten Jahre war das Wetter jedoch nach eigener Beobachtung meistens in dieser Zeit sehr schön, sieht man mal von einem Besuch von mir bei einem Konzert auf der Krusenkoppel letztes Jahr ab. So nass wie da werde ich in der Regel nicht einmal unter der Dusche, und ich dusche wirklich intensiv. Aber auf Einzelschicksale will ich hier nicht weiter eingehen.

Eine weitere Legende rankt sich um die Wetterscheide Nord-Ostsee-Kanal. Soll diese künstliche Wasserstraße doch wie eine unsichtbare Mauer Schleswig-Holstein und damit auch Kiel praktisch in zwei vollkommen unterschiedliche Klimazonen teilen. Danach müsste sich ab Holtenau verdorrte Steppe endlos in den Norden ziehen, wohingegen sich die Anwohner ab Kiel-Wik gen Süden durch sumpfigen Morast täglich zur Arbeit kämpfen könnten. Oder war es genau andersherum? Und was für ein Wetter herrscht dann auf der Kanalinsel bei der Schleuse? Wahrscheinlich gar keins, was auch immer das bedeuten soll.

Aber egal, wie das Wetter auch ist, der Kieler ist genügsam. Das merke ich immer dann, wenn ich mal wieder auf Reisen in Regionen mit vermeintlich „besserem“ Wetter bin. Hektisch greift da der Badener oder Mallorquiner zum Regenschirm, wo ich noch von „etwas hoher Luftfeuchtigkeit“ und „idealem Wanderwetter“ rede – sieht man mal davon ab, dass ich Regenschirme aufgrund des in Kiel herrschenden Windes und dem damit verbundenen ungünstigen Regenfallwinkels für eine reine Panikmache des Drahtgestell-Bespanner-Kartells für Eingeborene von südlich der Elbe halte.

Außerdem können wir Kieler stets dem Wetter etwas Gutes abgewinnen. Und sei es nur, dass wir uns für die Landwirtschaft freuen. Okay, diesen Sommer war es ab Ende Juli etwas viel der Freude, sofern wir davon ausgehen, dass die Bauern rund um Kiel nicht auf Reisanbau umgestellt haben. Aber die ersten Wochen war die Anteilnahme doch ehrlich.

Übrigens ist das Wetter gar nicht so schlecht in Kiel. IFM-Geomar hat verglichen und hat herausgefunden, dass, über das Jahr gesehen, die Durchschnittstemperatur in Kiel sogar 0,6 Grad höher ist als in München. Das soll zwar an den milderen Wintern in Kiel liegen, aber das muss man ja nicht immer dazu erzählen. Außerdem fällt danach in München im Sommer deutlich mehr Regen als in Kiel. So rauschen im Juni 108 mm auf den Isar-Spaziergänger herunter, wohingegen der Kieler sich bei seinen 65 mm auf dem Strandlaken nochmal auf die andere Seite dreht, um am ganzen Körper braun zu werden. Bei diesen Zahlen ist es doch ein Glück, dass es Kieler-Woche heißt und nicht Münchener-Woche. Und wenn es doch mal richtig regnen und die Landwirtschaft vermeintlich aus dem Grinsen nicht mehr herauskommen sollte, dann fahren wir eben kurz mal auf die andere Seite der Wetterscheide. So weit ist das ja nicht.

Findet

Euer und Ihr

Caulius